Adrian, ein Fliegenfischer aus Bayern, berichtet von seinem Angelurlaub im Fuscher Tal.
Der Herbst hat Einzug genommen ins Fuscher Tal. Die ersten Vorboten des Herbstes sind da nicht zu übersehen. Ein Naturschauspiel der Farben in dieser einmaligen Kulisse. Die Großglocknerkette mit leicht verzuckerten Gipfeln steht da imposant wie immer. Die Wälder mit ihren bunten Farben, halbgrünen Wiesen, ein blauer Himmel, in dem ab und zu ein Adler seine Kreise dreht, alles vertieft in einer himmlischen Ruhe. Nur selten für diese Jahreszeit, kann man den Schrei der noch nicht schlafenden Murmeltiere hören, die jede Art von Gefahren wahrnehmen. Und durch diese Landschaft schlängelt – wie ein Silberstreifen – die Fuscher Ache. Mit ihren Quellen am Fuße der Bergkette bildet sie ein wahres Anglerparadies für Fliegenfischer. Von da bis Ferleiten sind es ca. fünf Kilometer Bach eingebettet im Käfertal. Es ist eigentlich das Juwel der Fuscher Ache, die weiter fließt bis zu Mündung in die Salzach. Die da noch junge Ache bildet einen unglaublichen Lauf durch Wälder, kleine Wiesen und Hindernisse, der für die rotgetupfte Bachforelle als Lebensareal gerade richtig ist und den Fliegenfischern alles an Können abverlangt.
Der perfekte Angelurlaub beginnt
Es war fast Ende September und ich war mit meiner Ehefrau wie jedes Jahr wieder da, um zwei Wochen Urlaub zu machen. Als Entschädigung für die schlechte Angelsaison, bedingt durch die lange Dürre, kam dieser Urlaub gerade recht. Es war ein Sonntagmittag als wir bei Familie Hollaus in den schon heimatlich geworden Ponyhof ankamen. Freude von allen Seiten über das Wiedersehen. „Ein super Wetter zum Angeln“, sagte mir Rudi, der Hausherr. Es war um die 27 Grad, eigentlich nicht üblich für die Jahreszeit, und laut Wetterbericht sollte es auch einige Tage so bleiben.
Der Tag verlief normal wie ein erster Urlaubstag, aber im Hinterkopf lief meine Anglerplanung auf Hochtouren. Da meine beiden Freunde, Hubert, der Vorstand des Fischereivereins Fuscher Ache, und Werner, der Aufseher und Bewirtschafter des Gewässers nicht da waren, beschloss ich allein eine erste Anglerrunde zu unternehmen. Die Fuscher Ache kenne ich ja wie meine eigene Hosentasche, aber ein netter Plausch zwischendurch ist immer willkommen.
Ich nahm mir einen Abschnitt der Ache im Ortsbereich von Fusch vor, zwischen dem Bärenwirt und der Tankstelle am Ende der Ortschaft in Richtung Bruck fahrend. Das Wasser war wie im Lehrbuch: der Pegel mittelmäßig, so dass man viele Steine aus dem Wasser herausragen sah, komplett klares Wasser und in der Luft jede Menge Aktivität der Insekten. Nach den ersten Stunden war ich begeistert, denn es war eigentlich so, wie man sich einen Anglertag wünscht. Dienstag kam Hubert ins Hotel und die Freude auf das Wiedersehen nach so langer Zeit war groß. Normalerweise treffen wir uns immer auf der EWF. Heuer ging es leider nicht. Ich erfuhr von ihm, dass diese Tage ein Redakteur der Schweizer Zeitschrift „Petri Heil“ das Wasser befischen und einen Bericht darüber schreiben möchte. Ich nahm es zur Kenntnis und Hubert sagte mir, dass er mich auf dem Laufenden halten würde. Es kam alles anders als geplant.
Auf ins Käfertal
Der nächste Tag war für das Käfertal verplant. Wer da einmal Blut geleckt hat, kommt immer wieder. Ich ließ das Auto auf dem Parkplatz am Anfang des Käfertals neben der kleinen Wirtschaft (beim Toni) stehen und in Begleitung meiner Frau, die für die Fotos zuständig war, machte ich mich auf den Weg in Richtung Quellen. Der Bach ist sehr gut von dem Forstweg zu erreichen, da er parallel verläuft. Mit einer 9 Fuß Rute der Klasse 4 und einer Fliegendose mit nicht sehr vielen Mustern ausgestattet, machte ich mich ans Angeln. So oft ich im Käfertal bin, muss ich immer an meinen leider zu früh von uns gegangenen Kumpel Sigi denken. Als er zum ersten Mal die Fuscher Ache befischte, wir uns anschließend trafen und ich fragte, wie es war, sagte er mir: „ Adrian, das Wasser hat mir alles an Können abverlangt, was ich drauf hatte, bis ich den ersten Fisch gefangen habe.“ Und er hatte gute fünfzig Jahre weltweites Fliegenfischen auf dem Buckel. Ich war schon so oft da, dass ich fast jeden Stein von den Quellen bis Ferleiten kenne. Da ich meine Kindheit und das Fliegenfischen in Gebirgsbächen gelernt hatte, war es für mich nicht besonders kompliziert, hier an der Fuscher Ache zu fischen.
Überraschende Wende
Der Tag nahm seinen Lauf, fast wie erwartet. Die ersten Würfe haben auch die ersten Forellen gebracht. Man konnte aber nicht übersehen, dass die Fische sich nicht so sehr für die Nahrung interessierten, sondern mehr für das bevorstehende Laichen. Das Septemberwetter zeigte auch seine Wirkung. Niedrige Wassertemperaturen am frühen Morgen und Schneewasser Richtung Mittag. Nicht destotrotz war es ein gelungenes Wiedersehen mit dem Käfertal. Am Nachmittag fischte ich unterhalb der Tankstelle im Ortsbereich von Fusch und da, nachdem das Schneewasser weg war, haben sich einige „Getupfte“ für meine Fliegen interessiert. Eine schöne Regenbogenforelle und ein Saibling waren dabei. Da das Abendessen nahte, machte ich mich auf den Weg zum Ponyhof.
Als ich dabei war, meine Anglerausrüstung abzulegen, kam mir Rudi entgegen und sagte mir, dass ich den Hubert unbedingt noch heute anrufen sollte. Es wäre sehr, sehr dringend. Da ich mit ihm erst einen Tag vorher gesprochen hatte, war mir nicht so ganz klar, was da so dringend war. Ich erfuhr es ein paar Minuten später. Als ich Hubert ans Telefon bekam, sagt er mir mit einer leicht verzweifelten Stimme: „ Adrian, du musst mir unbedingt helfen. Der Schweizer Journalist ist angekommen und ich muss zu einem ungeplanten Termin nach Kufstein. Werner ist beim Fischen im Ausland und du bist der Einzige, der da ist und die Ache wie kein anderer kennt. Begleite den Erich bitte die paar Tage am Wasser, damit er die Reportage machen kann.“ Was tut man nicht für Freunde. Wir trafen uns am selben Abend beim Hotel Römerhof und ich lernte ein sehr lustiges, nettes und aufgeschlossenes Ehepaar kennen. Erich ist Redakteur bei der Schweizer Anglerzeitschrift Petri Heil und hat einiges über das Anglerrevier in Fusch gehört. Er wollte einen Bericht darüber schreiben.
Pressearbeit am Fischwasser
Wir trafen uns am nächsten Tag und planten für den Anfang das Käfertal. Wir erlebten dieselben Launen der Natur, wie ich vor einem Tag auch. Erich erwies sich als ein guter Zuhörer, als ich ihm die kleinen Geheimnisse der Ache erklärte. Er freute sich sehr, als die erste Forelle an seiner Schnur zappelte. Erich bekam auch seine Bilder für den Bericht und wir verließen das Käfertal in Richtung Fusch. Das Schneewasser hatte unseren Trip ins Käfertal für diesen Tag beendet. Wir vereinbarten, uns nach einer kurzen Mittagspause wieder zu treffen. Nachdem wir im Laufe des Vormittags über Gott und die Welt, natürlich was die Fliegenfischerwelt betraf, gesprochen haben, dachte ich mir, Erich mit dem Abschnitt ab der Bärenwirtschaft zu beschäftigen. Vor dem Abendessen trafen wir uns dann wieder, um Meinungen auszutauschen.
Die Fuscher Ache als ausgezeichneter Lehrmeister
„Es war genauso, wie du es mir vorausgesagt hast“, sagt mir Erich. Ich hatte ihm geraten, bestimmte Stellen zu befischen und auch bestimmte Fliegen einzusetzen. Da er nur drei Tage in Fusch war, blieb uns nicht sehr viel Zeit, um die restlich gebliebene Strecke zu befischen. Die gesamte Länge der Ache beträgt eigentlich 28 Kilometer.
Da kann man ruhig öfter zum Fischen kommen. Das interessante an der Fuscher Ache ist, dass sich bei jedem Wasserstand unterschiedliche Fangsituationen ergeben. Wir befischten in der gebliebene Zeit fast zwei Drittel der Strecke. Leider ziemlich zügig. Im Abschnitt vor Bruck, eine Strecke von ca. einem Kilometer, die ich Erich allein zum Fischen überlassen hatte und wo ich wusste, dass immer mit Fisch zu rechnen ist, war Erich nicht so erfolgreich. Das machte mich bedenklich. Da dachte ich mir was aus. Meine Bindewerkstatt hatte ich ja dabei und die letzte Ausgabe einer Fliegenfischerzeitschrift aus Frankreich auch.
Da waren vier Herbstmuster dabei, bekannte Klassiker die von meinem Freund Gerard Piquard gebunden wurden, nur nach einer anderen Bindemethode. Diese und eine einfache Nymphe habe ich abends noch gebunden, um sie am Morgen zu testen. Ich kam wieder an die gleiche Stelle hin mit Erich und siehe da, es hat gewirkt.
Die Fische waren plötzlich da. Nicht groß, knapp untermassig, aber sie haben Interesse an den Fliegen gezeigt. Die Nymphe habe ich danach Erich als Andenken an den schönen Tage an der Fuscher Ache geschenkt. Wir haben noch immer Kontakt miteinander und Hubert war froh, dass die Fuscher Ache weit über die österreichische Grenze hinaus bekannt wurde. Auch Erichs Fazit war: Kein Fischwasser für jedermann; man muss sich erst mal herantasten. Ja, die Ache hat so ihre eigenen Regeln. Und meine Meinung, die ich immer vertrete ist: Die Fuscher Ache ist ein sehr guter Lehrmeister.
Fliegenfischer unter sich
Und es ging weiter. In Gedanken war ich noch bei der schönen Zeit, die ich mit Erich verbracht hatte, als das Wetter umschlug und ein Tief die Sommerzeit unterbrach. Wind, Regen und Schnee herrschten gute zwei Tage über die Berglandschaft. Ich nutzte die Zeit, um Fliegen zu binden, die ich Werner versprochen hatte. Am Wochenende kam auch Werner aus seinem Anglerurlaub zurück und wir hatten genügend Gesprächsstoff zum Thema Fliegenfischen. Als sich das Wetter wieder beruhigte und der Spätsommer wiederkehrte, nahm ich mir vor, auf Werners Bitte hin, die Strecke ab der Trauner Brücke bis zu den Quellen der Ache zu befischen. Was ich da an Fischen vorfand, war sehr erfreulich und ich war abends gerade dabei, Werner alles zu erzählen. Wir saßen beim Abendessen und plötzlich kam Rudi auf mich zu, reichte mir das Telefon und sagte: „Ein Anruf für dich.“ Ich dachte, er macht einen Witz. Ich hatte Urlaub und es wusste keiner, wo ich mich aufhielt. „Wer ist denn am Telefon“, fragte ich Rudi erstaunt. „Ein gewisser Günter“, antwortete Rudi. Ich kenne einige Günter. Als ich zum Hörer langte, bekam ich einen Kumpel vom Fliegenfischerstammtisch aus Fürstenfeldbruck zu sprechen. Ich hatte beim Stammtisch ein bisschen Werbung für die Fuscher Ache gemacht und einer hat es wirklich gewagt, dahin zum Angeln zu kommen. Er hatte sich im Hotel Lamplhäusel einquartiert und da mich in Fusch ziemlich viele kennen, war meine Anwesenheit nicht zu übersehen. Werner steht jedem Fliegenfischer mit Rat und Tat zur Seite, aber wo ich schon da war, kam Günter auf mich zu und bat mich, ihm am Wasser zu begleiten.
Aus der Mitte entspringt ein Fluss
Wie Erich ein paar Tage vorher, zeigte ich Günter die kleinen Geheimnisse der Fuscher Ache. Günter erkannte schnell, dass man sich so jede Menge Rat einholen kann. Ja, das muss man neidlos anerkennen, die Fuscher Ache hat so einige zum Verzweifeln gebracht. Als ich ihn am Wasser begleitete, gingen wir an einer Stelle vorbei, wo die Position der Steine im Wasser ein ausgezeichnetes Forellenrevier bildet. Ich kannte die Stelle schon seit Jahren und sie war immer das Zuhause einiger Forellen, hervorragend geeignet als Tagesunterschlupf und genauso gut als -Wartestelle auf alles, was die Strömung mitbringt. Diese Stelle ist immer anders als normal zu befischen und anzuwerfen, ohne gesehen zu werden. Jetzt bei dem relativ niedrigen Wasserpegel und einen für die Jahreszeit unüblichen Caddis-Schlupf, konnte ich mir nicht vorstellen, dass da kein Fisch ist. Sowohl Erich als auch diesmal Günter gingen an der Stelle vorbei, ohne ihr die richtige Aufmerksamkeit zu widmen. Als ich mit Günter da war, dachte ich mir: Da stimmt was nicht.
ch überließ Günter die andere Seite des Flusses. Es war auch die bessere und für den Gast, dachte ich mir, gehört sich das so. Von der anderen Seite konnte ich Bewegung im Wasser feststellen. Die Forelle war da und konnte dem fast extremen Schlupf jetzt vor dem Wintereinbruch nicht widerstehen. Fliegen landeten immer wieder am Wasser oder in Ufernähe. Bis dahin fischte ich mit einer Caddis mit ziegelrotem Körper und graubraunen Flügeln. In der Luft wimmelte es nur so von ihnen. Es kam mir der Gedanke, wie vielen Fliegenfischen am Wasser, die Fliege zu wechseln. Ich durchsuchte meine Fliegenschachtel und meine Augen blieben an einem Caddismuster hängen. Das Muster war eigentlich normal gebunden, nur aus anderen Materialien, als man die so standardmäßig bindet. Die habe ich auf einer Messe in Salzburg gebunden, weil ein Besucher mich gefragt hatte, ob man auch andere Materialien beim Binden einsetzen kann, als die Bindebücher vorgeben. Ich machte es ihm vor und es kam eine Fliege in Landung mit fast hochgestreckten Flügeln heraus. Ein geniales Muster. Erinnert mich immer an die Fliege aus dem Film „Aus der Mitte entspringt ein Fluss” mit der Brad Pitt die kapitale Forelle gefangen hat.
Ich knüpfte die Fliege an das Vorfach, warf aber nicht direkt die visierte Stelle an. Ein paar Würfe um die anderen Stellen zu inspizieren. Ich ließ die Strömung nicht aus den Augen und warf die Fliege genau vor den zwei Steinen, die fast am Rande der Strömung einen kleinen Tunnel wie einen Unterschlupf bilden. Da unter einem Stein eine kleine Unterspülung war, war das Wasser hier mal ruhig, mal leicht wellig. Als die Fliege da landete, wirkte sie, als wäre es eine echte gewesen. Das rauschende Wasser brachte sie in Bewegung und dann passierte es: Aus der Unterspülung kam sie, die rotgetupfte Forelle mit offenem Maul und mit der Sicherheit, die Fliege, die ihr gehörte, mitzunehmen. Ich bekam wirklich Gänsehaut. Der Fisch war nicht groß, um die 30 cm, aber die Art und Weise, wie das ganze geschah, werde ich nicht vergessen. Es war die Krönung für diesen Tag und das Ende der Anglersaison 2018 an der Fuscher Ache: unvergessliche Momente im Leben eines Fliegenfischers. Abends in Hotel traf ich wieder Werner, der immer eine kleine Berichterstattung von mir wollte, um auf dem Laufenden zu sein, und ich erzählte ihm meine Geschichte. Er freute sich. Einen Tag später war der Urlaub zu Ende und ich wusste, dass ich im nächsten Jahr wieder kommen werde, so wie jedes Jahr.
Ah! Fast hätte ich was vergessen: Ihr werdet euch sicherlich fragen, mit welchen Fliegenmustern man am besten an der Fuscher Ache fängt und welche Ruten zum Einsatz kommen. Ganz einfach: Die Muster gibt die Natur vor. Im Käfertal gibt es Käfer, mit denen die Fische vertraut sind, genauso wie die sehr großen braunen Steinfliegen, die in den Sommermonaten überall fliegen. Wichtig wie überall ist es, die Bewegung der Insekten in der Luft zu beobachten. Ansonsten graue Muster von Köchelfliegen bis Aufsteiger benutzen. Und die Ruten: Im Käfertal fische ich mit Klasse 3 bis 4. Im unteren Lauf ist eine fünfer oder auch sechser Rute immer gut. Es wird gut besetzt und da sind schon einige Fische von 50 cm oder größer dabei.
Die Fuscher Ache kann ich jedem nur empfehlen. Ihr werdet es nicht bereuen und mit Sicherheit wiederkommen. Vielleicht treffen wir uns mal im Sommer beim Angeln oder im Hotel Ponyhof beim abendlichen Fliegenbinden. Wer weiß…?
Grüße an euch und Petri Heil!
Adrian, Fliegenfischer aus Bayern